Ruinen und Regenwetter

Nach unserer Rückkehr aus unserem Urlaub in Irland kam oft die Frage: «Wie hat es euch gefallen?» Ob bei Freunden oder in der Arbeit, die Frage war gar nicht einfach zu beantworten…
Die Arbeitspause hat gut getan und der Kopf konnte «auslüften» und trotzdem fühlten wir uns nicht wirklich erholt. Auf dieser Reise fehlte etwas die Leichtigkeit und Entspanntheit, die wir – mindestens meistens – in der Vergangenheit gespürt haben. Warum nur?

Wir sind mit Bus, Zug und Fähre angereist. In Paris kamen wir kurz vor der Olympiade vorbei. Die Stadt war bereits voll in den Vorbereitungen und auch wenn sehr klischeehaft, aber wir hätten gerne den Eiffelturm gesehen, was leider nicht möglich war. Die Anreise klappte gut. Auf der Fähre fanden wir ein gemütliches Plätzchen für unsere Matten und teilten die Ecke mit einem älteren Paar, welche dieselbe Idee hatten wie wir.

Die ersten Tage in Irland begrüsste uns die Sonne und mindestens Sami war optimistisch, dass es so weitergeht, Juli hatte sich hingegen auf Regen, Wind und Kälte eingestellt. Naja, sie sollte recht behalten. Das Wetter, insbesondere der Regen, verlangte manchmal etwas Kreativität von uns. In den ersten Tagen noch im Süden von Irland wollten wir uns vor dem Regen retten und kamen in einem Durchgang eines Gebäudes unter. Spontan wurden wir von einem Vater und seinem kleinen Sohn angesprochen, ob wir gerne eine Tasse Kaffee hätten und siehe da, nur Minuten später stand der Kleine mit zwei Tassen da. Juli freute sich sehr und hatte danach nach ca. drei Tassen Kaffee genug Wärme und Energie um weiterzuradeln.

Die Reise führte uns entlang der Südküste Irlands. Sami ist Teile der Stecke bereits 2016 mit dem Rad gefahren und so war die Vorfreude auf einige Ecken gross. Ein erstes Highlight war Kinsale, eine kleine Küstenstadt in der Nähe von Cork. Wir kamen in der Nähe in einer ziemlichen Absteige unter und stellten fest, dass unsere Robustheit gegenüber abgekämpften Unterkünften ziemlich abgenommen hat.
Kinsale war gemütlich wie in Samis Erinnerung. Wir genossen es in Cafes zu entspannen und besuchten die zwei alten Befestigungsanlagen. Vor nun schon 8 Jahren kam ich lokal bei zwei Brüder unter. Sie haben ein eigenes Modelabel gegründet und nähen Taschen aus recyclten Materialien aus der Schifffahrt. Ihr Vorbild war damals die Marke Freitag aus der Schweiz. Sie sind nicht ganz so bekannt geworden, kreieren aber sehr hübsche Sachen, die man auf Mamukko findet. Leider war keiner der beiden da, aber ihre liebe Vertreterin im Shop freute sich sehr über die Geschichte und schickte ihnen liebe Grüsse.

Im Südwesten radelten wir den Ring of Beara. Neben dem bekannten Ring of Kerry, erschien Sami schon auf seiner ersten Reise das die gemütlichere Wahl mit ebenso hübscher Natur aber viel weniger Autoverkehr. Die Strecke war immernoch sehr hübsch, aber bei viel Regen nicht der selbe Genuss. Statt ganz aussen an der Spitze zu zelten «flüchteten» wir auf einen kleinen Campingplatz, mit der Hoffnung auf eine warme Dusche und eine trockene Ecke zum Kochen. Glücklicherweise konnten wir im Schuppen des Platzbesitzers kochen und unsere Sachen trockenen. Witzigerweise dachten zwei kleine Kinder, dass wir in dem Schuppen wohnen würden, zum schlafen bevorzugten wir dann doch unser Zelt.
Bevor wir über den Moll’s Gap in den Killarney Nationalpark gereist sind, durften wir einen Tag Pause bei Kate und Kieren verbringen. Vielen Dank an die Beiden für die gemütliche Zeit und den Funfact, dass sich Iren in Steinen wiegen und nicht in Pfund…

Entlang des südlichen Teils der Westküste kamen wir an einigen bekannten und hübschen Orten vorbei. Wir besuchten die beeindruckenden Kliffs of Moher und the Burren, eine karge und sehr spezielle, steinige Küste und zu unserer Freude auch eine kleine Höhle mit dem grössten Stalaktit von Europa in der Doolin Cave. Wir waren in einer kleinen Gruppe unterwegs und unsere Führerin erzählte von der spannenden Entdeckung der Höhle und des Stalaktits durch zwei Jugendliche.
Neben den Sehenswürdigkeiten fanden wir auch einige sehr schöne Wildcampingplätze auf dieser Strecke. Einen Abend verbrachten wir am Meer und mussten die Flut im Auge behalten und ein anderes Mal bei einer alten Turmruine.

Mit der Ankunft in Galway, Samis Lieblingsstadt in Irland, hatten wir die erste Hälfte unserer Reise bereits hinter uns. Wir genossen eine etwas längere Pause auf einem Campingplatz im Norden der Stadt. Es fand gerade das jährliche Kunstfestival statt und die ganze Stadt platzte aus allen Nähten. Etwas schade empfand Sami, aber immerhin entdeckten wir die traditionelle Bar mit Musik wieder, die Sami schon bei seiner letzten Reise sehr gemocht hat. Mit einem lokalen Cider und traditioneller irischer Musik fühlte es sich so nach Irland an, wie sich Sami das gewünscht hat.

Auf dem Camping in Galway lernten wir Gaby kennen. Dass sie mit ihren fast 70 Jahren immernoch munter auf dem Rad mit Campinggepäck unterwegs war, hat uns sehr beeindruckt. Wenn wir noch ebensolange unterwegs sein können, warten wohl noch viele Touren und Ecken dieser Welt auf uns.
Es war schön ihre Gesellschaft zu haben und sich über Gott, die Welt und Campingmaterial auszutauschen. Und weil ein Abend nicht genug war und wir unsere Routen in eine ähnliche Richtung geplant hatten, verabredeten wir uns noch einige Male auf Campingplätzen und zum Schluss auch in Belfast zum Abschiedsbier. Wir hoffen, dass sich unsere Wege in Zukunft wieder einmal kreuzen!

Der zweite Teil unserer Reise von Galway Richtung Norden, durch den Connemara Nationalparkt bis nach Belfast, führte uns noch einmal durch einige wunderschöne Regionen von Irland. Wir stoppten an den Slieve Leagues, imposante und weniger überlaufene Klippen als die Cliffs of Moher und bei der überraschenden Landschaft Giants Causeway, mit seinen sechseckigen Formationen. Das Wildzelten war bisher in Irland eher schwierig gewesen und wurde nun an einigen Tagen unglaublich mühsam. Praktisch aller Grund gehört jemandem, wird landwirtschaftlich genützt und ist somit eingezäunt. Wir fragten zweimal nach, ob es in Ordnung wäre auf den Feldern zu übernachten, bekamen aber den Eindruck, dass dies nicht sehr gerne gesehen ist uns so suchten wir teilweise eine lange Zeit und Strecke, bis wir etwas passendes finden konnten. Ruinen schienen uns ganz allgemein eine gute Anlaufstelle zu sein, insofern sie frei zugänglich waren.

Derry oder Londonderry, wie sie in Nordirland sagen, war unser letztes Highlight auf der Reise. In Nordirland gelegen, war es immer wieder stark in den Nordirlandkonflikt verwickelt. Somit bot es neben einem spannenden Stadtbild auch eine hörenswerte Geschichte. Wir besuchten eine Führung im Stadtteil Bogside von Derry. Dabei erzählte ein Zeitzeuge von der Geschichte, den Ausschreitungen und den traurigen Ereignissen. Er selber verlor seinen grossen Bruder durch die Polizei und engagierte sich für die Aufklärung seines Todes. Die blutigen Geschichten erinnerten uns wieder daran, dass Gewalt nur neue Gewalt produziert und kaum geeignet ist um Frieden herzustellen. Glücklicherweise gelang es in Nordirland, nachdem sie nach Jahrzehnten der Anschläge, Proteste und Kämpfe merkten, dass es so nicht weitergehen kann, Frieden zu schliessen.

Und wie wars? Mit einigem Abstand schauen wir trotz den anstengenden Verhältnissen, mit nassem kaltem Wetter, etwas zu vielen Kilometern und herausfordernden Wildzeltvoraussetzungen gerne auf die Reise zurück. Dabei erinnert sich Sami gerne an die Aussage von Christoph Rehage, der von China nach Deutschland gelaufen ist und meinte, am Ende vergoldet das Gehirn die Erinnerungen und man will es dann doch wieder erleben.

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